Hakone, 9.10.2009

Heute ist es zwar nicht mehr ganz so sonnig wie gestern Nachmittag, aber es ist dennoch mehr heiter als wolkig bei etwa 25°C in Tokyo. Gegen 7:30 Uhr checke ich im Hotel aus, zum ersten Mal im Leben tue ich dies an einem Automaten. Man steckt die Schlüsselkarte hinein und bekommt, falls man offene Posten hat, die Rechnung ausgedruckt, die man dann per Münzeinwurf oder Geldscheinschlitz bezahlen kann. Japaner sind die absoluten Automatenfans. Neben den Check-out-Automaten gibt es im Hotel einen Geldwechselautomaten (Dollarscheine in Yen), Getränkeautomaten, Automaten für TV-Karten, mit denen man auf dem Zimmer Filme abrufen kann und der Höhepunkt ist der Automat, der Instant-Kaffee, Schaumfestiger, Rasierschaum und Herrensocken ausspuckt. An fast jeder Straßenecke in Tokyo stehen Getränke- und Snackautomaten, oft sogar neben Supermärkten, die 24 Stunden am Tag geöffnet haben.

Getränkeautomaten Socken vergessen?

Links: Die allgegenwärtigen Getränkeautomaten. Rechts: Socken oder Rasierschaum vergessen?

Nach dem automatischen Check-out läuft erst einmal wieder das Standard-Programm ab, mit der Ausnahme, dass ich mein ganzes Gepäck dabei habe: Pick-up-Service, Fahrt zum Busterminal, Voucher gegen Ticket tauschen, in einen anderen Bus einsteigen, nachdem mein Koffer im Laderaum verschwunden ist. Die heutige Tour führt über hundert Kilometer nach Westen, zum berühmten Fujisan, der mit seinen 3776 Metern Japans höchster Berg ist. Die Fahrt geht, nachdem wir uns endlich aus dem dichten Stadtverkehr befreien können, sehr schnell vonstatten. Nach etwa 70 Minuten sehen wir von der Autobahn aus die regelmäßige Form des Vulkankegels in seiner ganzen Pracht. So gut werden wir ihn auf der weiteren Tour nicht mehr zu sehen bekommen, darauf weist uns Amy, unsere Reiseleiterin ausdrücklich hin. Da es an diesem guten Aussichtspunkt leider keinen Parkplatz gibt, muss man vom Bus aus fotografieren.

Jetzt im Frühherbst liegt selbst auf dem Gipfel noch kein Schnee, dadurch ist der Anblick nicht ganz so spektakulär wie auf den Postkarten, aber auch so ist der gewaltige Berg imposant genug. Wir halten zunächst an einem Besucherempfangszentrum, an dem wir einen ganz guten Blick auf die obere Hälfte des Kegels haben. Danach fahren wir weiter zu einem Parkplatz, von dem aus man nicht nur den Berg sieht, sondern in der entgegengesetzten Richtung zusätzlich einen der fünf Seen an seinem Fuß. Schließlich fahren wir zu der "fünften Bergstation", einem großen Gelände auf 2305 Meter Höhe, auf dem es mehrere Restaurants, Souvenirgeschäfte und einen Shinto-Schrein gibt.

Am Fujisan Am Fujisan Am Fujisan
Ich bin Duncan McLeod vom Clan der McLeod Am Fujisan Am Fujisan

Am Fujisan. Oben rechts: Einer der fünf Seen. Unten links: Das Fußball-Länderspiel Japan-Schottland am Samstag in Yokohama wirft schon seine Schatten voraus. Unten rechts: Blick vom Restaurant aus.

Mit der schönen Aussicht tut man sich hier oben allerdings schwer, in der halben Stunde unseres Aufenthalts lässt sich der Fujisan nur selten blicken. Der schöne See, auf den man von den Aussichtsterrassen aus theoretisch einen wunderbaren Blick haben müsste, taucht kein einziges Mal aus dem Nebel auf. Die Außentemperatur lässt ebenfalls keine Freude aufkommen, denn wie man sich denken kann, ist es hier empfindlich kalt, wenn man die spätsommerlichen Temperaturen im Flachland gewohnt ist.

Als wir wieder Richtung Tal fahren, lichtet sich der Nebel. In dem Restaurant, in dem wir kurz darauf zu Mittag essen, kann ich von meinem Platz aus sogar den Gipfel des Berges sehen. Da munden Reis, Miso-Suppe, Sashimi aus verschiedenen Fisch- und Meeresfrüchtesorten, Tofu in mehreren Varianten und eine Lychee-Frucht noch besser. Nach dem Essen fahren wir Richtung Südosten nach Hakone. Dort begeben wir uns zu einem Pier, besteigen ein Schiff und lassen uns über den schönen Ashi-See fahren. Wir sind nicht die Einzigen, die dies tun, einige Nachbauten historischer Schiffe (ebenfalls für Touristenausflüge vorgesehen) und Tretboote in kitschiger Aufmachung (in Form von Enten und Schwänen, wie ich das aus China schon kenne) sind ebenfalls auf dem See unterwegs.

Shinto-Schrein an der Bergstation Der Ashi-See Der Ashi-See
Der Ashi-See Der Ashi-See Blick vom Berg Komagatake

Oben links: Shinto-Schrein an der Bergstation. Oben mitte und rechts: Der Ashi-See. Unten links und mitte: Trivialästhetik. Unten rechts: Blick vom Berg Komagatake. In der Bildmitte kann man gerade noch die Küste sehen.

Nach der etwa viertelstündigen, reizvollen Bootsfahrt gehen wir an Land, um dort eine Seilbahn zu besteigen, die uns auf den 1300 Meter hohen Berg Komagatake bringt. Gerade rechtzeitig, um einen letzten Blick auf den pazifischen Ozean werfen zu können, kommen wir oben an. Gleich darauf verschwindet dieser dauerhaft hinter einer Nebelbank. Auf der anderen Seite soll man bei gutem Wetter einen schönen Blick auf den Fujisan haben, zurzeit kann man ihn hinter der grauen Suppe nicht einmal erahnen. Nach etwa 25 Minuten Aufenthalt in dem kalten Nebelloch fahren wir wieder zur Talstation, wo schon der Bus auf uns wartet. Nun trennt sich die Gruppe nach und nach auf. Die ersten Gäste können vom Busparkplatz aus zu Fuß zu ihrem Hotel gehen. Der Rest fährt zunächst mit dem Bus eine Viertelstunde lang weiter zum Hotel Kowaki-en. Dort ist für mich sowie einem Paar aus England Endstation. Die restliche Gruppe wird mit Amy zunächst einen Linienbus, dann einen Shinkansen-Superexpresszug besteigen und heute Abend nach Tokyo zurückkehren.

Ich checke im Hotel ein und bekomme von Amy Fahrpläne für den schon erwähnten Linienbus und den Shinkansen nach Nagoya ausgehändigt, dann verabschiede ich mich und gehe auf mein diesmal geräumiges Zimmer, wenn man mal von dem Bad absieht, das so winzig ist, dass man das Waschbecken ausgelagert hat. Bald schon ist Abendessenszeit. Ich irre zunächst eine Zeitlang eine wenig befahrene Serpentinenstraße entlang, entdecke dann eine Abzweigung zu einer Straße, in der sich drei Restaurants befinden. Das eine ist so eine Art indisches Curry-Restaurant, die anderen beiden sind japanische Restaurants. Eines hat eine rein japanische Karte außen, die Preise schrecken mich allerdings ab. Das andere wirbt zwar damit, Kaffee anzubieten, gibt jedoch sonst nichts von sich preis. Ich gehe einfach mal hinein und frage die alte Frau hinter der Theke, ob es eine englische Speisekarte gibt. "Hai, inglis menu, hai!" bekomme ich zur Antwort. Na also, wenn da etwas Annehmbares drin stehen sollte, wäre der Abend gerettet! Und in der Tat, die Auswahl ist nicht groß, aber zu einem Chicken Teriyaki, also einem gebratenen Hähnchenfilet, Salat, Zwiebeln in einer Sojasauce, einer Miso-Suppe, Reis und einem warmen Dessert aus einer Art Sojabohnenquark, reicht es. Es schmeckt alles wirklich gut. Es irritiert mich zwar ein klein wenig, dass kurz nach dem Servieren der Koch mit einem Schraubenzieher und einem Bolzenschneider in den Händen aus der Küche kommt, aber es gibt Dinge, die will man einfach nicht wissen.