Kanazawa, 13.10.2009

Heute Morgen ist es ziemlich stark bewölkt und unangenehm kühl in Takayama. Wie gut, dass ich fast alles, was ich sehen wollte, schon gestern besichtigt habe. Es bleiben lediglich die Morgenmärkte übrig. Vor dem Frühstück mache ich mich auf den kurzen Weg dorthin. Die Märkte sind allerdings nicht sonderlich spektakulär. Ein paar Stände mit Gemüse und sonstigen Waren des täglichen Gebrauchs stehen nebeneinander und es sind nur wenige Käufer da. Ich gehe schnell wieder ins Ryokan zurück. In meinem Zimmer ist das (wie ich feststellen konnte, sehr bequeme) Bett bereits verschwunden und der Tisch sowie die beinlosen Stühle stehen wieder in der Mitte des Raumes. Schon kurz vor 8:00 Uhr kommt das Frühstück. Ich bin eigentlich als richtiger Frühstücksmuffel bekannt, das liegt aber nicht zuletzt daran, dass ich das westliche Frühstück, egal ob deutsch, englisch oder amerikanisch, überhaupt nicht mag. Was jetzt gerade auf den Tisch kommt, könnte mich aber zu einem wahren Frühstücksfanatiker machen. Ich bekomme Reis, eine Miso-Suppe, gedünsteten Lachs mit etwas eingelegtem Ingwer, Salat mit etwas gekochtem Schinken und einem Dressing aus Sojasauce mit einem Schuss Reiswein, Nori-Seetangblättchen, in Scheiben geschnittenen weißen Rettich, dazu eingelegten roten Rettich, Sashimi aus verschiedenen Fischsorten, ein Gemisch aus eher säuerlicher Pflaumenmarmelade und roten, fermentierten Sojabohnen, zwei kleine, nur leicht süße Kuchen und etwas Schweinefleisch mit Zwiebeln und eingelegtem Ingwer. Auch ein kleiner Grill steht wieder auf dem Tisch, auf welchem, durch Reispapier vor dem Herunterfallen geschützt, rote, fermentierte Sojabohnen und Frühlingszwiebeln brutzeln. Als Getränke gibt es einen Sojamilchdrink, grünen Tee und Wasser.

Frühstück im Ryokan Tanabe

Frühstück im Ryokan Tanabe.

Nachdem die sehr wenigen Reste des überaus köstlichen Frühstücks abgeräumt wurden, mache ich eine gute Stunde Pause, dann verlasse ich das Zimmer, checke aus und werde von Frau Tanabe verabschiedet. Ich sage ihr wahrheitsgemäß, dass ich den Aufenthalt sehr genossen habe und sie schenkt mir zum Abschied ein Paar Essstäbchen. Dann mache ich mich zu Fuß auf zum Bahnhof. Selbst mit vollem Gepäck ist das kein Problem. In großen Flughafenterminals legt man manchmal ohne nachzudenken die gleiche Strecke zurück. Der Himmel ist inzwischen wieder weitgehend klar und die Temperatur ist auf etwa 19°C angestiegen.

Die Shinkansen-Superexpresszüge sind zwar berühmt für ihre sagenhafte Pünktlichkeit, langsamere Züge können in dieser Disziplin jedoch nicht immer mithalten. Der Hida Limited Express Nr.3 nach Toyama hat jedenfalls eine halbe Stunde Verspätung. Zum Glück vermehrt sich diese auf dem Rest der Strecke nur unwesentlich. Somit werden aus etwa 45 Minuten Aufenthalt in Toyama etwas weniger als 15. Die Fahrt führt uns zunächst wieder durch eine sehr schöne Gebirgslandschaft, erst gegen Ende der Strecke wird die Gegend flach und wir fahren an vielen Fabriken vorbei.

In Toyama steige ich in den Limited Express "Thunderbird" Nr. 28 nach Osaka um. Dieser fährt auf die Sekunde pünktlich ab. Schon an der zweiten Station steige ich, nach 35 Minuten Fahrtzeit, wieder aus. Ich bin in Kanazawa angekommen und dort regnet es. Ich nehme ein Taxi und lasse mich zum Kanazawa Sky Hotel fahren. Wie schon in Takayama lohnt sich die Fahrt für den Taxifahrer, denn wie sich herausstellt, verdient er 680 Yen an nur etwa 600 Metern Fahrt. Ich checke im Hotel ein und versuche mich mit Hilfe des Reiseführers etwas zu orientieren. Wenigstens hört in der Zwischenzeit der Regen auf.

Oyama-Schrein Oyama-Schrein

Der Oyama-Schrein.

Kurz darauf verlasse ich das Hotel, um zum Kenroku-en-Garten zu gehen, einen der berühmtesten Gärten Japans. Auf dem Weg dorthin besichtige ich erst einmal einen sehr kleinen Shinto-Schrein, dann einen größeren und bekannteren, den Oyama-Schrein. Schon als ich mich dem letzteren nähere, beginnt es leider wieder kräftig zu regnen. Als ich schließlich mein Ziel erreiche, regnet es bedauerlicherweise immer noch, aber der aus dem 17. Jahrhundert stammende Kenroku-en ist auch bei schlechtem Wetter sehr schön. Hier mischen sich chinesische und japanische Elemente. Die japanischen Elemente sind vor allem die schlichten, dunkelbraunen Holzgebäude und ein großer Pflaumenbaumgarten, die chinesischen sind zum Beispiel Teiche, über die Zickzackbrücken führen, große Steine und alte, knorrige Kiefernbäume, die geschickt in die Komposition einbezogen sind. Solch ein Garten ist eine komplett künstlich gestaltete Landschaft, aber besonders virtuos gestaltet ist er, wenn alles wirkt, als stünde es rein zufällig an seinem Platz, weil es die Natur so gewollt hat. Diese Kunst ist hier sehr gut gelungen. Und nicht nur der außerordentlich schöne Garten erfreut mich, sondern auch die Tatsache, dass im Laufe meines Aufenthalts das Wetter besser wird.

Kenroku-en Kenroku-en Kenroku-en
Kenroku-en Kenroku-en Kenroku-en
Kenroku-en Kenroku-en Kenroku-en Kenroku-en

Impressionen aus dem Kenroku-en.

Ich fröne lange dem "Wandern in Muße" im Kenroku-en, irgendwann muss ich leider dennoch weiterziehen. Zunächst statte ich dem Eingangstor der Burg von Kanazawa einen Besuch ab (viel mehr ist davon nicht übrig), gehe wieder ein ganzes Stück zurück in Richtung auf das Hotel, zweige dann aber ab und finde bald darauf das Nagamachi-Viertel. Hier stehen viele schöne alte Häuser aus der Zeit der Samurai. Auch die Straßen sind im Stil von damals gepflastert.

Nagamachi-Viertel Nagamachi-Viertel Nagamachi-Viertel

Im Nagamachi-Viertel.

Da die Dämmerung naht, gehe ich endgültig in mein Hotel zurück. Nach einer kurzen Pause ist es Zeit für das Abendessen. In der Nähe des Hotels finde ich ein Fischrestaurant und esse dort Sashimi, zu dem separat Reis und Seetang sowie eine Miso-Suppe mit Fischeinlage serviert werden, für 1470 Yen. Anschließend schlendere ich bei inzwischen sternenklarem Himmel durch Kanazawa. Gegen Ende des Spaziergangs erstehe ich zwei "Suntory-The Premium Malts"-Biere und beschließe den heutigen Tag.