Osaka, 14.10.2009

Es ist ein trüber Morgen in Kanazawa, aber man sieht schon, wie es vom Horizont her langsam aufklart. Ich checke gegen 8:15 Uhr im Hotel aus und mache mich zu Fuß auf den etwa 600 Meter weiten Weg zum Bahnhof. Dort angekommen, verschnaufe ich ein wenig, dann gehe ich auf den Bahnsteig, auf dem der Limited Express Raicho Nr. 18 bereits wartet. Ich bin der erste Fahrgast im Waggon, habe also gute Gelegenheit, mein Gepäck sicher unterzubringen. Pünktlich um 9:12 Uhr fährt der Raicho ab. Die Reise führt sowohl durch eine schöne Berglandschaft mit vielen, teilweise sehr lange Tunneln, als auch durch flaches Gelände mit Wohnhäusern oder Industrieanlagen. Das Wetter wird dabei immer besser. Gegen 12:00 Uhr erreicht der Zug Osaka, mein heutiges Ziel. Es gibt nur ein kleines Problem: Aus Internetrecherchen weiß ich, dass mein Hotel, das "New Hankyu", unmittelbar am Hauptbahnhof von Osaka liegt. Nur an welchem? Es gibt "Shin Osaka", den sehr großen, neuen Hauptbahnhof, an dem die Express- und die Shinkansen-Superexpresszüge halten, und "Osaka Umeda", den sehr sehr großen alten Hauptbahnhof, an dem S-Bahnen, U-Bahnen, Expresszüge, etc. halten, kurz und gut, alles außer den Shinkansen-Superexpresszügen. Irgendwo muss ich ja aussteigen, also wähle ich Shin Osaka. Ich gehe zu einem der Ausgänge, suche nach jemandem, der mir Auskunft geben kann und finde ein Tourismus-Informationsbüro. Die nette Dame dort, die ausgezeichnet Englisch spricht, händigt mir einen englischsprachigen Stadtplan aus, in dem das gesamte Nahverkehrsnetz detailliert eingezeichnet ist. Als sie von meinem Ziel hört, teilt sie mir mit, dass ich am falschen Bahnhof sei. Sie fragt mich, ob ich einen Japan Rail Pass hätte. Als ich bejahe, weist sie mich an, dorthin zu gehen, von wo ich gerade hergekommen sei, an Gleis 15 den erstbesten Zug zu nehmen und nach einer Station auszusteigen. Dann gibt sie mir einen Plan des Bahnhofs Umeda und zeichnet mir genau ein, wie ich zum Hotel zu gehen habe. Was für ein Service! Als ich mich schon herzlich bedankt habe und mich verabschieden will, fragt sie mich, aus welchem Land und welcher Stadt ich komme. Es stellt sich heraus, dass sie schon in Deutschland war, und zwar in Hamburg. Die Welt ist manchmal wirklich klein.

Ich folge einfach den mir gegebenen Anweisungen. Da ich den Japan Rail Pass habe, kostet mich mein kleiner Fauxpas keinen müden Yen und die verlorene halbe Stunde kann ich gut verschmerzen, vor allem, weil ich jetzt schon viele wichtige Informationen habe, die mir bei der weiteren Orientierung helfen. Ohne diese wäre ich verloren, denn Osaka Umeda hat ähnliche Dimensionen wie Shinjuku Station in Tokyo. Im Hotel angekommen, mache ich eine knappe Stunde Pause, dann mache ich mich auf den Weg zur Burg von Osaka. Ich muss dazu nicht einmal die U-Bahn nehmen (obwohl diese von Osaka Umeda aus hinfährt), sondern ich kann die Osaka Loop Line nehmen. Das ist eine Art S-Bahn, die im und gegen den Uhrzeigersinn in kurzen Takten die Innenstadt umrundet. Sie wird von Japan Rail betrieben, das heißt, dort gilt mein Pass.

Nach sechs Stationen bin ich ziemlich nahe an der Burg. Ich muss nur etwa zehn Minuten durch den sie umgebenden Park gehen, dann bin ich am Ziel. Es handelt sich nicht mehr um den Originalbau aus dem 16. Jahrhundert, sondern um eine Rekonstruktion aus dem Jahr 1931, das tut der Schönheit des Gebäudes allerdings keinen Abbruch. Im Inneren der Burg sieht man eine sehr interessante Geschichtsausstellung, unter anderem mit Originaldokumenten, die vom Kontakt mit westlichen Ländern wie den Niederlanden und Frankreich her stammen. Besonders bemerkenswert sind die großen Faltbilder mit Geschichtsszenen. Einige sind Originale, einige Reproduktionen. In letzterem Fall befinden sich die Originale in einem Schlossmuseum in Österreich, wohin sie schon vor über 200 Jahren gebracht wurden. Die Burgverwaltung und das Schlossmuseum stehen inzwischen in einer engen partnerschaftlichen Beziehung. Vom obersten Geschoss der Burg hat man einen sehr schönen Rundblick auf die nähere Umgebung.

Die Burg von Osaka Die Burg von Osaka Das Umeda Sky Building

Links und mitte: Die Burg von Osaka. Rechts: Das Umeda Sky Building.

Rundblick ist ein gutes Stichwort. Ich habe für heute ein weiteres Ziel auf dem Plan. Zunächst fahre ich mit der Loop Line zurück nach Osaka Umeda. Als ich schon fast wieder im Hotel bin, ändere ich die Richtung, gehe durch eine lange Unterführung auf die andere Seite des Bahnhofs und sehe dann schon riesengroß die 39-stöckigen Türme des Umeda Sky Building vor mir. Ganz oben, in 173 Metern Höhe, gibt es eine Aussichtsplattform, die für 700 Yen Eintritt besucht werden kann. Ich fahre hinauf und habe einen wunderbaren Blick auf die 2,6 Millionen Einwohner zählende Stadt.

Osaka aus 173 Metern Höhe Osaka aus 173 Metern Höhe Osaka aus 173 Metern Höhe
Osaka aus 173 Metern Höhe Osaka aus 173 Metern Höhe Osaka aus 173 Metern Höhe
Osaka aus 173 Metern Höhe Osaka aus 173 Metern Höhe Dotonbori

Unten rechts: In der Dotonbori. Alle anderen Bilder: Osaka aus 173 Metern Höhe.

Nach diesem Vergnügen gehe ich in mein Hotel zurück und warte, bis es Zeit zum Abendessen ist. Mein Reiseführer preist die Straße Dotonbori in der Nähe des Bahnhofs Namba an. Dort gebe es, neben Bars und Spielsalons, sehr viele Restaurants, in denen man gut und sehr preisgünstig essen kann. Dorthin will ich nun fahren. Kosten hin oder her, ich will einmal die U-Bahn ausprobieren und fahre von Osaka Umeda aus für 230 Yen vier Stationen mit der roten Midosuji-Linie (von M16 nach M20, das gleiche System wie in Tokyo wird angewandt, um die Routen und Stationen zu kennzeichnen) nach Namba. Bald schon finde ich die Straße. Sie ist wirklich äußerst sehenswert und hier gibt es viele Restaurants. Die meisten sind aber alles andere als preisgünstig. Für eine vollwertige Mahlzeit darf man teilweise 4200 Yen oder mehr investieren. Ich mache zum Glück eine Sushi-Bar ausfindig. Die Gerichte hier sind gut und jeder Teller kostet 130 Yen. Ich zahle am Ende 1430 Yen. Jeder kann nun also ausrechnen, wie viele Teller mit Reis und Meeresfrüchten ich vom Band genommen habe.

Nach dem Essen streife ich eine ganze Weile durch das quirlige Viertel, dann gehe ich wieder in den Untergrund, sprich in die Namba Station. Diesmal gehe ich in die andere Richtung, dorthin, wo die Japan Rail Züge fahren, damit ich meinen Pass nutzen kann. Ich nehme einen Regionalzug nach Oji, steige nach zwei Stationen in Shin Imamiya aus und wechsele dort in die Loop Line, die mich nach Osaka Umeda zurückbringt. Diese Strecke wähle ich mit Bedacht, da ich sie morgen früh in umgekehrter Richtung befahren muss, um weiterzureisen, und ich herausfinden will, wie lange so eine Fahrt dauert. Etwa 40 Minuten später komme ich in meinem Hotel an. Anschließend unternehme ich einen kurzen Spaziergang zu einem nahen Supermarkt und erstehe zwei Dosen "Kirin Strong Seven"-Bier als Absacker nach einem schönen Tag. Morgen werde ich eine Pilgerreise antreten.