Tokyo, 6.10.2009

Bis jetzt hat der Wetterbericht leider recht, heute Morgen regnet es bei etwa 19°C in der Hauptstadt. Für mich beginnt der Tag genau wie der gestrige: Ich werde um 7:45 Uhr zusammen mit anderen Gästen in der Lobby des Hotels abgeholt, weitere Hotels werden angefahren, wir werden zu einem Busterminal verfrachtet und auf die verschiedenen Touren verteilt. Ich habe heute, zusammen mit etwa 30 anderen Reisenden aus aller Herren Länder, die Nikko-Tour.

Kurz nach 9:00 Uhr verlassen wir das Terminal, zwängen uns durch den dichten Stadtverkehr auf die Autobahn, fahren über abenteuerliche Hochstraßenkonstruktionen durch die Stadt und gelangen schließlich in die Vororte. Nach einigen weiteren Kilometern wird die Gegend ländlich und wir kommen an vielen Reisfeldern vorbei. Als etwa 70 Autobahnkilometer zurückgelegt sind, machen wir eine kurze Pause, danach legen wir weitere etwa 80 Kilometer zurück, verlassen die Autobahn und fahren ein kurzes Stück Landstraße nach Nikko. Die Stadt ist etwa 1200 Jahre alt und beherbergt bedeutende buddhistische und shintoistische Heiligtümer, die meisten davon aus dem 17. Jahrhundert. Der Bus wird auf einem großen Parkplatz ganz in der Nähe des Rinnoji-Tempels abgestellt, wir steigen bei glücklicherweise nur ganz leichtem Regen aus, lassen den Rinnoji-Tempel zunächst rechts liegen und folgen unserer mit einem Fähnchen ausgestatteten Reiseleiterin in Richtung Toshogu-Schrein.

Nachdem wir eine Treppe hochgestiegen sind, durchschreiten wir ein Torii aus Granit und sehen links eine fünfstöckige Pagode. Weiter geht es über eine Treppe durch ein Tor, das von zwei Löwenfiguren bewacht wird und dann kommt man links an einem Stall vorbei, an dem eine Schnitzerei der berühmten drei weisen Affen ("nichts Böses sehen, nichts Böses reden, nichts Böses hören") zu sehen ist. Die nächste Station ist ein überdachter heiliger Brunnen, an dem man sich Hände und Mund reinigen kann, danach durchschreitet man ein Bronze-Torii und gelangt schließlich in den inneren Bereich mit mehreren, teilweise vergoldeten Holzgebäuden. Vor dem Betreten des inneren Schreines muss man die Schuhe ausziehen (bei höchstens 15°C Außentemperatur ist das nicht sehr angenehm) und bekommt im Inneren von einem Mönch einen Klangeffekt vorgeführt. Er schlägt an einer bestimmten Stelle des Raumes zwei Geräte aus Bambus zusammen und es ist ein langer, intensiver Widerhall zu hören. Nach der Besichtigung dieses außerordentlich interessanten Tempels gibt es etwas Zeit zur freien Verfügung, danach kann jeder, der es möchte, den Rinnoji-Tempel besichtigen. Ich schließe mich der kleinen Gruppe an und sehe die drei großen vergoldeten Buddhastatuen, die hier die Hauptattraktion bilden.

Der Toshogu-Schrein Der Toshogu-Schrein Der Toshogu-Schrein
Der Toshogu-Schrein Der Toshogu-Schrein Rinnoji-Tempel mit Schulklasse

Unten rechts: Der Rinnoji-Tempel mit Schulklasse. Alle anderen Bilder: Der Toshogu-Schrein. Oben mitte: Die drei weisen Affen (zweite Schnitzerei von links).

Im Anschluss an diese Besichtigung besteigen alle wieder den Bus und wir fahren ein kurzes Stück zu einem Restaurant. Dort gibt es ein traditionelles japanisches Essen mit Reis, Tempura (Gemüse und Garnelen, beides frittiert), einem kleinen Pfannkuchen mit einer sauren Pflaume, einem in der Gegend wachsenden wilden Gemüse mit Sesam, Orangen und andere Früchten, einer Miso-Suppe und einer Art Mini-Feuertopf, in dem man ein Stück Entenfleisch gart. Nach diesem leckeren Essen fahren wir eine steile Straße mit 48 Kehren hoch und klettern dabei von etwa 500 auf etwa 1200 Meter. Oben angekommen sehen wir einen See, den Chuzenji. Nicht nur, dass der See und die Landschaft ohnehin sehr schön sind, färbt sich in dem raueren Klima hier oben das Laub schon golden und rot, was den Ausblick noch zauberhafter macht. Um das Glück vollkommen zu machen, hat sogar der Regen aufgehört.

Schließlich fahren wir ein kurzes Stück zur letzten Besichtigung, dem Kegon-Wasserfall, der 96 Meter in die Tiefe stürzt. Hier scheint uns das Glück wieder verlassen zu haben, denn im Nebel der Berge ist der Wasserfall nur zu hören, aber nicht zu sehen. Zum Glück bekommen wir aber eine Viertelstunde Zeit zur freien Verfügung (mit dem Hintergedanken, dass wir in den umliegenden Souvenirgeschäften so viel wie möglich einkaufen sollen), eine gute Gelegenheit, nach einigen Minuten zum Aussichtspunkt zurückzukehren. Tatsächlich hat sich der Nebel inzwischen gelichtet und man kann den gewaltigen Wasserfall erkennen. Da nur ganz wenige Leute die gleiche Idee hatten, habe ich zudem richtig viel Platz zum Fotografieren. Anschließend fahren wir wieder eine steile Serpentinenstraße nach Nikko hinunter und dann, von einer kurzen Pause abgesehen, auf dem schnellsten Weg zurück ins verregnete Tokyo. Gegen 19:00 Uhr kommen wir an der Shinjuku Station an und ein Teil der Gruppe, darunter auch ich, verabschiedet sich, während die Verbliebenen an der Ginza aussteigen werden.

Am Chuzenji-See Am Chuzenji-See Am Chuzenji-See
Der Kegon-Wasserfall

Oben: Am Chuzenji-See. Unten: Der Kegon-Wasserfall.

Ich habe vor, in ein Tempura-Restaurant zu gehen, das ich am Sonntag auf dem Weg vom Bahnhof zu meinem Hotel gesehen habe. Zunächst einmal muss ich aber den Bahnhof selbst betreten und mich in dem riesengroßen Komplex versuchen zu orientieren. Während ich mich vergeblich darum bemühe, gerate ich in einen der unzähligen Seitengänge, in denen sich Restaurants, Bäckereien und kleine Geschäfte aneinanderreihen und stehe plötzlich vor einem Fischrestaurant. Ich entschließe mich, hineinzugehen. Auf engstem Raum drängen sich hier die Tische und aus der Wand ragt eine lange Holzplatte, vor der ich, mit vielen anderen Gästen, wie an einem Bartresen platziert werde. Ich bestelle ein Menü für 1250 Yen und bekomme eine Miso-Suppe, eine kleine Schale mit scharf eingelegten Früchten, etwas Sauce und eine große Schale, in der auf Reis roher, marinierter Thunfisch mit etwas Sesam, eine Paste aus kleinen Nüssen und zwei Pasten aus püriertem rohem Fisch sowie ein Eigelb drapiert sind. Die Pasten sind etwas gewöhnungsbedürftig und ziehen Fäden, schmecken aber gut, und der rohe, dunkelrote Thunfisch ist ohnehin eine Delikatesse. Als Getränk gibt es kostenlosen Tee.

Nach dem Essen irre ich ein wenig weiter durch den gigantischen Bahnhof, finde schließlich den Weg, der zu meinem Hotel führt, gehe das kurze Stück durch den Regen, kaufe im Supermarkt zwei Yebisu Premium Pilsener, schaue den Fernseh-Wetterbericht auf NHK an und trinke ihn mir mit dem Yebisu schön. Morgen soll es wieder regnen, für Donnerstag gibt es eine Taifunwarnung. Prost Mahlzeit!