Tokyo, 8.10.2009

Als ich am Morgen aufwache, biegen sich draußen die Bäume und es regnet beinahe waagerecht. Ich kann mir also erst einmal Zeit lassen. NHK sendet alles Wissenswerte über den "Taifun Nr. 18" (da der komplette Ausdruck in Kanji-Zeichen geschrieben ist, kann ich ihn lesen, sie sind mit den chinesischen identisch), der vorwiegend in der Gegend um Osaka schlimm gewütet haben muss. Man sieht umgewehte Lastwagen auf einer Autobahn, eine unterspülte, weggebrochene Straße und einen Hafen, in dem die Container ungeordnet herumliegen. Im Vergleich dazu scheint es hier in Tokyo besser auszusehen. Draußen wird es plötzlich sonnig und die Bäume bewegen sich kaum noch. Bald darauf wird es aber wieder richtig schlecht. Kurz nach 10:30 Uhr ist der Spuk allerdings vorbei. Danach weht zwar ein ziemlich starker Wind, aber mit einem Wirbelsturm hat das nichts mehr zu tun. Es wird sehr sonnig und ich entschließe mich, eine Expedition nach draußen zu wagen. Es ist etwa 25°C warm und somit sind die Bedingungen perfekt, um Tokyo weiter zu erkunden. Ich gehe, ab und zu städtischen Angestellten ausweichend, die die am Morgen abgebrochenen Zweige und kleinen Äste einsammeln, zur Shinjuku Station und durchquere den Komplex eine ganze Zeit lang, bis ich zur Marunouchi U-Bahn-Linie komme. Hier herrscht ziemliches Chaos, die Rush Hour hat sich durch den Taifun deutlich nach hinten verlagert. Ich finde trotzdem Platz in einem Waggon und fahre zur Ginza. In ihrer Nähe befindet sich das Sony Building, in dem es einen mehrstöckigen Ausstellungsraum gibt. Dort zeigt die Firma schon die Produkte, die bald auf den Markt kommen werden. Hier wohlgemerkt, bis es bei uns soweit ist, dauert es eine Weile länger. Viele Dinge werden bei uns vermutlich nie angeboten, da in Deutschland keine so starke Technikverliebtheit herrscht wie in Japan. Die Ausstellung ist äußerst interessant.

Im Sony Building Im Sony Building In Shibuya
In Shibuya In Shibuya Der Tokyo Tower

Oben links und mitte: Im Sony Building. Unten rechts: Der Tokyo Tower. Andere Bilder: Straßenszenen in Shibuya.

Ich bummle etwas über die Ginza und fahre dann mit der U-Bahn nach Shibuya, dem Party-Stadtteil der jungen Leute. Um diese Uhrzeit läuft selbstverständlich noch keine Party, aber man sieht dennoch genügend Gestalten, die eher aus Manga-Comics entsprungen zu sein scheinen, als aus normalen Wohnhäusern. Die Haarfarbe Schwarz ist hier nicht vorherrschend. Man sieht hauptsächlich hellbraun oder rot, einige haben es mit völliger Skrupellosigkeit der Gesundheit der eigenen Haare gegenüber sogar zu blond geschafft. Hier flaniert die Jeunesse Dorée Tokyos an schicken, progressiven Restaurants, schrillen Modeläden und Clubs vorbei und lässt sich bewundern.

Nach dem interessanten Ausflug hierher, fahre ich mit der U-Bahn zurück zur Shinjuku Station, gehe von dort aus zurück ins Hotel und mache erst einmal Pause. NHK zeigt, wie gerade Nord-Honshu vom Taifun Nr. 18 heimgesucht wird. Der Himmel in Tokyo bleibt strahlend blau und somit steht einem weiteren Ausflug nichts im Wege. Ich gehe wieder zur Shinjuku Station und nehme diesmal die Oedo U-Bahn, die Ringlinie um die Innenstadt. Ich fahre bis Akabanebashi und als ich die dortige U-Bahn-Station verlasse, sehe ich schon mein Ziel, den Tokyo Tower. Der Fernsehturm ist mit seinen 333 Metern Höhe auch nicht gerade leicht zu übersehen. Nach etwa 500 Metern Fußweg erreiche ich den Eingang und kaufe zunächst eine Karte für die Hauptaussichtsplattform in 150 Metern Höhe. Mit dem Aufzug oben angekommen, halte ich mich aber nur kurz dort auf, um eine Karte für die Plattform in 250 Metern Höhe zu kaufen. Wie die niedrigere, ist auch diese ein geschlossenes, rundum verglastes Gebäude, so dass ich, ohne vom Wind gebeutelt zu werden, nun einen wahrhaft atemberaubenden Rundblick auf die 12 Millionen Einwohner zählende Metropole mit ihren unzähligen Wolkenkratzern genießen kann. Bei dem schönen Wetter habe ich eine gute Fernsicht. Ich kann sogar den 100 Kilometer entfernten Fujisan sehen. Nachdem ich das Panorama lange genug gewürdigt habe, fahre ich wieder auf die Hauptplattform hinunter und genieße von dort aus etwas den Ausblick, dann trete ich den Weg zurück ins Hotel an.

Tokyo aus 250 Metern Höhe Tokyo aus 250 Metern Höhe Tokyo aus 250 Metern Höhe
Tokyo aus 250 Metern Höhe Tokyo aus 250 Metern Höhe Tokyo aus 250 Metern Höhe
Tokyo aus 250 Metern Höhe Tokyo aus 250 Metern Höhe Tokyo aus 250 Metern Höhe
Tokyo aus 250 Metern Höhe Tokyo aus 250 Metern Höhe

Tokyo aus 250 Metern Höhe. Ganz unten mitte: Sogar der Fujisan ist zu sehen.

Nach einer kurzen Pause ist schon Zeit für das Abendessen. Ich gehe, zusammen mit Massen von Angestellten in schwarzen Anzügen, nach Ost-Shinjuku, um in der Sushi-Bar zu Abend zu essen, in der ich vor drei Tagen schon war. Das Bier spare ich mir (wozu gibt es einen Supermarkt im Hotel), dafür stapeln sich am Ende zwölf blaue Teller, die einmal köstliche Spezialitäten aus Fisch und Reis beherbergt haben. Für 1800 Yen ein großartiger Genuss. Nach dem Essen spaziere ich durch das pulsierende Ost-Shinjuku mit seinen unzähligen hungrigen und nach Amüsement begierigen Menschen, seinen Geschäften mit Leuchtreklamen und Anzeigetafeln, seinen Restaurants, seinen Pachinko- und Slot-Hallen und seinen zahlreichen anderen Attraktionen. Hier zu flanieren, ist ein gelungener Abschluss des Abends. Morgen werde ich abreisen.