Khaung Daing, 16.11.2012

Der Wecker ist mal wieder erbarmungslos. Um 5:15 Uhr reißt er mich aus dem Schlaf, da ich bereits um 6:00 Uhr nach Nyaung U zum Flughafen gebracht werden muss. Ich bin auf den gleichen Rundflug gebucht, wie bei meiner Reise von Yangon nach Mandalay. Es beschleicht mich das gleiche mulmige Gefühl, das ich jedes Mal habe, wenn ich meinen Koffer nach dem Einchecken einfach irgendwo im Flughafengebäude stehenlassen muss. Andererseits haben sich bei meinen bisherigen Reisen in Myanmar die Gepäckarbeiter als sehr zuverlässig erwiesen.

Das Wetter ist heute schlecht, es regnet stark. Trotzdem kommt die ATR 72 aus Yangon einigermaßen pünktlich. Zusammen mit mehreren Reisegruppen und wenigen Einzelreisenden steige ich ein. Es herrscht freie Platzwahl. Mit nur fünf Minuten Verspätung fliegen wir los und landen nach kaum einer halben Stunde auf dem Mandalay International Airport. Hier gießt es wie aus Eimern. Etwa zwanzig Minuten dauert es, bis die Reisenden nach Mandalay ausgestiegen, und die Passagiere mit den Zielen Heho und Yangon eingestiegen sind. Wir kommen also pünktlich los. Der Flug nach Heho im Shan-Staat dauert etwa 35 Minuten. Wie schon zu erwarten war, regnet es dort. Über China tobt ein starker Sturm. Dadurch werden aus dem Golf von Bengalen feuchte Luftmassen angesaugt. Ganz ungewöhnlich für November herrscht also die typische Wetterlage der Regenzeit. Ich kann nur hoffen, dass sich die Lage bald normalisiert, denn mein Strandaufenthalt in einigen Tagen sollte, wenn möglich, nicht verregnet sein, das hätte mir gerade noch gefehlt!

Im Flughafengebäude gibt es keine Gepäckbänder. Man wartet in einem großen Raum mit drei Rampen solange, bis die Mitarbeiter der Fluggesellschaft die großen, offenen Gepäckwagen heranfahren und die Stücke einzeln auf eine der Rampen stellen. Dank des neongelben, doppelten Gepäckbandes erkenne ich meinen Koffer schnell, wieder einmal ist also alles gutgegangen. In der Ankunftshalle steht bereits eine Dame von der Reiseagentur, um mich abzuholen. Sie ist allerdings nicht meine Führerin. Stattdessen ist sie hauptsächlich dafür zuständig, mein Ticket für den nächsten Flug am kommenden Montag bestätigen zu lassen. Dabei stellt sich heraus, dass der Flug um mehr als vier Stunden nach hinten verschoben wurde. Nach der Bestätigung des Tickets bringt mich die Dame zu Fahrer und Führer der nächsten Tage, die auf dem Parkplatz warten, dann verabschiedet sie sich. Gleich darauf beginnt die Fahrt nach Pindaya durch den hügeligen Shan-Staat. Neben dem Grau des Himmels dominiert hier die Farbe Gelb. In dieser Farbe blühen die Sesampflanzen, daher stechen die zahlreichen Felder aus dem Grün heraus. Gelb leuchten darüber hinaus die Sonnenblumen sowie die Blütenstände einer Akazienart. Eine weitere dominante Farbe ist das Rostbraun der unzähligen Pfützen.

Die Straßen sind genauso schlecht und schmal wie bei meinen ersten beiden Reisen. Der asphaltierte Teil, teilweise völlig kaputt und mit Schlaglöchern übersät, ist nur etwa eine Spur breit. Kommen sich zwei Fahrzeuge entgegen, müssen die schlammigen Seiten, die sonst Hoheitsgebiet der Ochsenkarren sind, zum Ausweichen herhalten. Auf diese Weise kommt man nur sehr langsam voran. Für die 58 Kilometer brauchen wir über zwei Stunden. Immerhin hört es im Laufe der Fahrt auf zu regnen. Vor der Besichtigung der Höhle von Pindaya steht erst einmal das Mittagessen an. Ich esse ein Bratreisgericht mit Schweinefleisch, trinke dazu eine Flasche Myanmar-Bier und muss dafür 5400 Kyat bezahlen. Anschließend kommt endlich die Höhle zu ihrem Recht, in der einst sieben Prinzessinnen von einem Nat in Gestalt einer riesigen Spinne gefangen gehalten wurden, bis ein Prinz ankam, die Spinne mit Pfeil und Bogen erlegte und daraufhin eine der Prinzessinnen ehelichte. Die Szene, in der der Prinz auf die Spinne schießt, ist im Eingangsbereich im Disneyland-Stil dargestellt. Die Höhle selbst erreicht man, wie wir, über einen Aufzug, oder man erklimmt zahlreiche Treppenstufen. Als echter Pilger beginnt man aber nicht vor dem Fuße des Aufzugs damit, sondern schon unten in der Stadt.

Sesam-Blüte Pindaya Pindaya
Pindaya Pindaya Pindaya

Oben links: Sesam-Blüte im Shan-Staat. Andere Bilder: Pindaya.

Das Innere der Höhle wirkt auf mich so wie vor neun Jahren, obwohl es selbstverständlich kleinere Veränderungen gibt. Viele neue Buddhastatuen wurden seither gestiftet, sodass die Gesamtanzahl deutlich über 8000 liegt. Die Statuen und Stupas werden inzwischen durch zahlreichere Planen vor dem herabtropfenden Kalkwasser geschützt und grüne Kunststoffmatten auf den gefliesten Wegen sorgen dafür, dass es weniger glitschig zugeht. Das ist insbesondere deshalb wichtig, weil man hier, wie an allen Orten, an denen mindestens eine Buddhastatue herumsteht, barfuß laufen muss. Als wir die Höhle verlassen, regnet es wieder stark, wir beeilen uns also, zum Auto zu kommen.

Wir müssen wieder bis zum Flughafen zurückfahren, bleiben dann ein paar weitere Kilometer auf der Hauptstraße Richtung Taunggyi und biegen anschließend nach Süden in Richtung Inle-See ab. Hier hört endlich der Regen auf. Wir fahren einige weitere Kilometer nach Khaung Daing, an heißen Quellen vorbei. Am Ende des Ortes, direkt am See, liegt mein Resort, das Hu Pin Hotel. Nach dem Einchecken und dem Abschied von Fahrer und Führer, öffne ich im Zimmer als Erstes meinen Koffer und hole den Wollpullover heraus, den ich eigentlich für die Heimreise eingepackt habe. Wenn das Wetter weiterhin so abscheulich bleibt, werde ich morgen meine dicke Regenjacke anziehen müssen. Das kommt davon, wenn man in der Trockenzeit nach Südostasien reist.

Bald schon ist Zeit für das Abendessen. Ich esse im Hotelrestaurant Schweinefleisch süß-sauer mit Reis, trinke dazu eine Flasche Myanmar-Bier und kann meine Rechnung über 8500 Kyat gerade rechtzeitig bezahlen, bevor die Beschallung mit traditioneller einheimischer Musik beginnt.