Mawlamyine, 7.11.2012

Am Morgen ist der Himmel über dem Goldenen Felsen strahlend blau. Um 8:00 Uhr wird ausgecheckt und eine Trägerin wird mit dem Transport von Kyaws und meiner Reisetasche beauftragt. Sie stopft die Taschen nicht in den Korb, den sie zu diesem Zweck auf dem Rücken trägt, sondern schafft es, beide Gepäckstücke auf ihrem Kopf zu balancieren, ohne dass sie hinunterfallen. Obwohl es bergab geht, strengt das Gehen auf der sehr steilen Straße ziemlich an, sodass ich froh bin, als wir an der Talstation ankommen. Dort legen wir eine Teepause ein und Kyaw versucht erneut erfolgreich einen Platz im Führerhaus eines der Lastwagen zu ergattern. Die Bergabfahrt über die enge Straße mit den vielen Haarnadelkurven ist immer wieder ein Abenteuer, aber zum Glück rast unser Fahrer nicht wie ein Verrückter hinunter, sondern fährt vernünftig.

Kleine Novizen sammeln Essen für ihr Kloster Lastwagen zum Goldenen Felsen und zurück

Links: Kleine Novizen sammeln Essen für ihr Kloster. Rechts: Mit diesen Lastwagen fährt man zum Goldenen Felsen und zurück.

An der Talstation wartet schon unser Fahrer, sodass wir gleich die Weiterreise antreten können. Nach etwa zwanzig Minuten kehren wir allerdings wieder um: Kyaw hat im Lastwagen sein Mobiltelefon verloren. Unser Fahrer ruft in der Talstation an und erfährt, dass man es bereits gefunden habe. Wir fahren also wieder dorthin, Kyaw holt sein Telefon und wir können uns erneut auf den Weg machen. Die zweite Fahrt verläuft ohne Zwischenfälle. Wir fahren zunächst nach Kyaikto und biegen dann auf die Nationalstraße Nr. 8 ab. Etwa 120 Kilometer weit führt uns die ganz ordentlich ausgebaute Straße durch eine hügelige Landschaft. Das Wetter trübt sich dabei immer mehr ein, und als wir etwa auf halber Strecke durch die Stadt Thaton kommen, prasselt ein heftiger Gewitterregen auf unser Auto herunter. Wie schon in Yangon, habe ich erneut Glück. Je näher wir unserem Ziel kommen, desto mehr klart es auf. Bei unser Ankunft in Mawlamyine um 12:30 Uhr scheint dort die Sonne.

Kurz nachdem wir den gewaltigen Thanlwin-Fluss überquert haben, kehren wir zunächst in der Strand Road in einem chinesischen Restaurant ein. Unser Fahrer isst diesmal sogar mit. Er wird von Kyaw eingeladen, der die Hälfte der Rechnung übernehmen will. Wir essen Garnelen in süß-saurer Sauce, Schweinefleisch in einer pikanten Sojasauce und gemischtes Gemüse. Ich trinke ein Myanmar-Bier, die anderen beiden halten sich an Wasser und Tee. Zum Abschluss gibt es frische Früchte als Dessert. Die Rechnung für das schmackhafte Mahl beläuft sich auf 16000 Kyat, von denen ich verabredungsgemäß 8000 übernehme. Unmittelbar im Anschluss an das Mittagessen werde ich ins Cinderella Hotel gebracht. Nach einer Siesta soll es um 15:00 Uhr weitergehen. Das Hotel hat einen kitschigen Namen, ist aber sehr schön und komfortabel. Sensationell ist, dass nicht nur der WLAN-Internetanschluss im Preis inbegriffen ist, sondern sogar ein ziemlich neuer Laptop im Zimmer steht, damit man diesen selbst ohne mitgebrachte Geräte nutzen kann. Das muss ich heute Abend direkt mal ausprobieren!

Die erste Station auf unserer Nachmittagstour ist die Insel Gaungse Kyun, auf der früher die königlichen Haarwaschzeremonien stattfanden und die deswegen auch Shampoo Island genannt wird. Man muss unterhalb der gigantischen Stahlbrücke, über die wir in die Stadt gelangt sind, ein Motorboot mieten und sich die kurze Strecke über den Thanlwin-Fluss übersetzen lassen. Damit sich die Fahrt richtig lohnt, nimmt der Bootsbesitzer zwei weitere Personen mit, die zufällig kurz nach uns eintreffen: Einen jungen deutschen Touristen, Einzelkämpfer wie ich, und seine ebenfalls junge burmesische Reiseleiterin. Selbst wenn es keinerlei äußeren Anzeichen gibt, haben Kyaw und ich den Eindruck, dass sich da gewisse zarte, romantische Bande entwickeln. Wenn es so sein sollte, sei es ihnen herzlich vergönnt.

Shampoo Island Shampoo Island Shampoo Island
Shampoo Island Shampoo Island Shampoo Island

Shampoo Island. Oben mitte und unten mitte: Großer Waschtag im Kloster. Unten rechts: Sehr progressiv gestaltete Stupa.

Auf der Insel befinden sich heute ein Mönchs- und ein Nonnenkloster, beide selbstverständlich voneinander getrennt, ansonsten geht es locker und fröhlich zu. Im Nonnenkloster wird zu den Klängen lauter Hip-Hop-Musik Wäsche gewaschen, im Mönchskloster waschen viele Novizen im Alter von etwa sechs bis sechzehn Jahren die Pagoden und machen in den Wohngebäuden großen Hausputz. Die Jungen sorgen mit kleinen Albereien dafür, dass die Arbeit nicht allzu langweilig wird. Die Tempelgebäude sind teilweise sehr ungewöhnlich, man sieht unter anderem eine Stupa im nepalesischen Stil und eine Stupa, deren unterer Teil einen Globus darstellt.

Nach einiger Zeit fahren wir zurück nach Mawlamyine zu unserer nächsten Station, der Kyaikthanlan Paya. Die Anlage mit ihrer großen, vergoldeten Zentralstupa erinnert ein wenig an die Shwedagon Paya in Yangon, mit deren Pracht sie allerdings nicht so ganz mithalten kann. Der Besuch ist auf alle Fälle lohnenswert. Von der Plattform der Pagode aus kann man einen schönen Blick auf die Landschaft am Thanlwin-Fluß werfen.

Kyaikthanlan Paya Kyaikthanlan Paya Kyaikthanlan Paya
Kyaikthanlan Paya Sunset View Point Sunset View Point

Obere Bilder und unten links: Kyaikthanlan Paya. Oben mitte: Was für ein prächtiger LED-Strahlenkranz! Unten links: Aussicht auf den Thanlwin. Unten mitte und rechts: Am Sunset View Point.

Wir fahren schließlich zu unserer letzten Station für heute, den Sunset View Point. Während wir auf den Sonnenuntergang über dem Fluss warten, organisiert unser Fahrer von einer nahe gelegenen Garküche einen Plastiktisch mit drei Schemeln, zwei Gemüsetempuragerichte mit zwei verschiedenen Saucen und für sich selbst eine Nudelsuppe. Der Sonnenuntergang ist sehr schön und ich bin wie immer fasziniert, wie schnell in diesen Breiten die Sonne untergeht. Nach der ersten scheinbaren Berührung des Horizontes vergehen nur etwas mehr als zwei Minuten, bis die rote Kugel ganz verschwunden ist.

Cinderella-Hotel in Mawlamyine Cinderella-Hotel in Mawlamyine Cinderella-Hotel in Mawlamyine

Cinderella Hotel in Mawlamyine. Links: Für die Nutzung des kostenlosen WLAN gehört sogar ein Laptop zur Zimmerausstattung.

Nach Einbruch der Dunkelheit werde ich zurück zum Cinderella Hotel gefahren. Kurz darauf gehe ich in ein chinesisches Restaurant ganz in der Nähe des Hotels und nehme sauer-scharfes Schweinefleisch, gemischtes Gemüse, Reis und ein Myanmar-Bier zu mir. Das Restaurant sieht aus wie eine alte Lagerhalle oder eine große ehemalige Autowerkstatt, das Essen ist aber ganz ordentlich und kostet nur 5200 Kyat. Ich mache nach dem Essen einen kleinen Spaziergang bei sternenklarem Himmel und gehe dann zurück ins Hotel, um die Geschwindigkeit des WLAN-Anschlusses zu testen. Sie ist zwar nicht berauschend, aber nicht schlechter, als ich es in anderen Ländern erlebt habe.