Mawlamyine, 8.11.2012

Am Morgen des heutigen Tages scheint die Sonne und der Himmel ist beinahe wolkenlos. Meine Tour beginnt um 8:00 Uhr mit einer Fahrt in Richtung Süden. Das erste Ziel erreichen wir nach etwa 15 Kilometern Fahrt. Es ist das Pa Auk Tan Ya-Meditationszentrum, in dem etwa 900 Personen beiderlei Geschlechts, darunter auch Ausländer, Achtsamkeitsmeditation erlernen und praktizieren. Der Aufenthalt hier ist gratis, der gesamte Unterhalt wird über Spenden finanziert. Das riesige Zentrum ist ein sehr ruhiger und friedvoller Ort, in der Nähe der Meditierenden wird nur geflüstert, selbst in den Verwaltungsgebäuden erhebt kaum jemand die Stimme. Kyaw ist hier ganz in seinem Element. Nach einem sehr bewegten Leben hat er sich dem Buddhismus zugewandt und lebt in Yangon in einem ähnlichen, etwas kleineren Meditationszentrum.

Meditationszentrum bei Mawlamyine Meditationszentrum bei Mawlamyine Meditationszentrum bei Mawlamyine
Meditationszentrum bei Mawlamyine Liegender Buddha Spaßbad vor dem liegenden Buddha

Obere Bilder und unten links: Meditationszentrum bei Mawlamyine. Unten mitte: Liegender Buddha. Unten rechts: Spaßbad.

Nach dem Besuch hier geht es weiter in Richtung Süden. Die Landschaft besteht aus scheinbar endlosen Kautschukplantagen. Die einzige Abwechslung stellt die Gaspipeline dar, die gerade entlang der Straße gebaut wird. Myanmar ist sehr reich an Bodenschätzen, aber dennoch eines der ärmsten Länder der Erde, da die Erlöse der Gas-, Gold-, Edelstein- und anderen Ressourcenvorkommen in die Taschen der Machthaber wandern. Inzwischen wird das Land demokratisiert. In Zukunft wird also vermutlich mehr davon in den Taschen korrupter in- und ausländischer Geschäftemacher landen.

Nach einiger Zeit erreichen wir unser zweites Ziel, Win Sein Tha Ya, den größten liegenden Buddha der Welt. Vor der gigantischen, aber nicht unbedingt schönen Skulptur, befindet sich ein kleines Spaßbad mit Wasserrutsche, in dem sich einige Kinder vergnügen. Die Skulptur selbst wird bei näherer Besichtigung völlig entzaubert. Ich laufe, zusammen mit Kyaw, dem die Besichtigung dank seines Berufsethos ziemlich unangenehm ist, barfuß in einer Baustelle herum. Der Buddha stellt sich als eine lieblose Betonkonstruktion heraus und ist, was seine "Innereien" betrifft, nicht einmal richtig fertig. Bald schon wird er der zweitgrößte liegende Buddha der Welt sein, denn gegenüber wurde bereits ein deutlich größeres Betonskelett für eine weitaus größere religiöse Bausünde angelegt. Mag der Shwethalyaung-Buddha in Bagò, den ich übermorgen wiedersehen werde, aktuell nur der drittgrößte sein, ist er der einzige wirklich schöne liegende Buddha, den ich kenne.

Was nach dieser Besichtigung folgt, ist eine Extratour, die ursprünglich nicht vorgesehen war. Ich muss dafür 30000 Kyat bezahlen. Eigentlich ist sie teurer, aber Kyaw übernimmt einen Teil des Preises, da er die Sehenswürdigkeiten selbst nicht kennt, und überprüfen will, ob sie sich für Tourprogramme eignen. Wir fahren weiter in den Süden, wiederum durch endlos wirkende Kautschukplantagen, nach Thanbyuzayat, 65 Kilometer von Mawlamyine entfernt. Hier befand sich der Endpunkt der so genannten "Death Railway", die die Japaner im zweiten Weltkrieg zwischen hier und Bangkok bauen ließen. Über 100000 Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein. Bekannt ist dieser Eisenbahnbau bei uns vor allem durch das Buch und den Film "Die Brücke am Kwai". Hier am Endpunkt der Bahn hat man einige Meter der Schienen in ihrem Ursprungszustand belassen und eine historische Lokomotive daraufgestellt. Wir machen zunächst an diesem historischen Ort Station und fahren dann etwa einen Kilometer weiter zum Soldatenfriedhof, auf dem etwa 3800 der Opfer begraben worden sind, einige davon erst 18 oder 20 Jahre alt. Die Besichtigung dieser Stätte erinnert mich wieder einmal daran, wie glücklich wir sein können, unser ganzes Leben lang in Frieden und Freiheit verbracht zu haben. Man kann diese Gnade nicht hoch genug schätzen.

Endpunkt des "DeathRailway" Soldatenfriedhof bei Thanbyuzayat
Soldatenfriedhof bei Thanbyuzayat Soldatenfriedhof bei Thanbyuzayat

Oben links: Endpunkt der "Death Railway". Andere Bilder: Soldatenfriedhof.

Nach dem Besuch an diesem beklemmenden Ort fahren wir zum Mittagessen in ein chinesisches Straßenrestaurant. Es gibt ein Bratnudelgericht mit Gemüse und Tintenfischen. Ich nehme dazu ein Myanmar-Bier und bezahle 5500 Kyat. In Thanbyuzayat endet die Fahrt in den Süden. Die Straße führt zwar etwa 500 Kilometer weiter bis nach Myeik, aber man benötigt eine Sondergenehmigung, um sie zu befahren. Als Tourist hat man keine Chance, eine solche zu bekommen. Myeik selbst darf man zwar meines Wissens besichtigen, aber nicht auf dem Landweg dorthin reisen. Wir wenden uns nun nach Westen und fahren durch den strömenden Regen eines plötzlich einsetzenden Gewitters an den Golf von Martaban nach Kyaikkami. Zum Glück hört der Regen wieder auf, bis wir dort ankommen.

Im Ort befindet sich, mitten in den Mangroven, ein großer Tempel namens Yele Paya, den wir nun besichtigen. Die große Anlage ist zwar keine Touristenattraktion von Weltrang, aber dennoch recht schön. Als wir den langen, überdachten Wandelgang zum Tempel entlanggehen, kommt ein etwa dreijähriger Junge auf mich zugelaufen, schnappt sich meine Hand, stellt sich neben mich und will unbedingt einen buddhistischen Vers aufsagen, den er wohl kurz zuvor gelernt hat. Er bekommt ihn fast unfallfrei hin und trollt sich dann wieder zu seinem Vater. Unmittelbar neben dem Tempel erstreckt sich ein langer Steg in Richtung Meer, an dessen Ende sich eine Plattform mit einem kleinen Schrein erstreckt. Kyaw und ich gehen zur Plattform und betrachten eine Zeitlang das Meer. Vor dem Schrein liegen zwei kleine Jungen. Der etwas größere, etwa elf Jahre alt, schläft die ganze Zeit, seine Schachtel Zigaretten in Reichweite, der kleinere schläft zunächst ebenfalls, später spielt er mit seinem kleinen, funkgesteuerten Rennwagen.

Yele Paya Yele Paya Siesta

Links und mitte: Yele Paya. Rechts: Siesta.

Nach einer kurzen Ruhepause am Meer gehen wir zurück zum Auto, legen eine Rast in einem Teehaus ein und begeben uns dann auf den Rückweg durch die unzähligen Kautschukplantagen nach Mawlamyine. Dort besichtige ich zunächst den Mahamuni-Tempel, eine Nachbildung seines berühmteren Namensvetters in Mandalay. Wie dort gibt es hier eine mit Blattgold beklebte Buddhastatue, deren Gesicht jeden Morgen um 4:00 Uhr gewaschen wird sowie einen mit Juwelen und Glasmosaiken geschmückten Schrein. Die nächste Station ist ein altes, bis heute von Mönchen bewohntes Kloster mit schönen Holzschnitzereien an Säulen und Decken sowie farbigen Glasscheiben aus Europa. Leider sind diese Kunstschätze arg vernachlässigt und würden dringend einer Restaurierung bedürfen, wofür sich aber niemand interessiert.

Mahamuni-Buddha Altes Kloster Altes Kloster
Altes Kloster Sonnenuntergang

Oben links: Mahamuni-Buddha. Unten rechts: Sonnenuntergang. Andere Bilder: Altes Kloster.

Wir erklimmen anschließend die Treppenstufen zur gestern schon besichtigten Kyaikthanlan Paya, um auf deren Plattform den Sonnenuntergang zu genießen. Nach Einbruch der Dunkelheit werde ich ins Hotel zurückgebracht. Nach wenigen Minuten Pause breche ich zur Strand Road auf. Wie in Yangon gibt es hier ein YKKO-Restaurant. Offensichtlich handelt es sich um eine Kette, denn die Speisekarte unterscheidet sich nicht von der in der ehemaligen Hauptstadt. Ich esse ein Gericht, das dem von vor vier Tagen sehr ähnelt, nur habe ich diesmal eine große Krebsschere in der Suppe. Wieder ist das Essen sehr gut und ich zahle inklusive zweier schön kalter Flaschen Myanmar-Bier gerade mal 7000 Kyat. Nach einem kurzen Spaziergang endet mein Aufenthalt in Mawlamyine. Morgen werde ich in die Hauptstadt des Kayin-Staates Hpa An weiterreisen.