Monywa, 11.11.2012

Um 4:30 Uhr klingelt der Wecker. Mehr muss man zum Beginn dieses Tages eigentlich nicht sagen. Ich sehe zu, dass ich mich so schnell wie möglich zurecht mache, denn um 5:20 Uhr werde ich bereits zum Flughafen gefahren. Wir brauchen um diese Uhrzeit nur etwa zehn Minuten dorthin. Am Inlandsterminal geht es genauso chaotisch zu, wie bei meinen ersten beiden Myanmar-Reisen. Besonders irritierend ist es, dass der Koffer nach dem Aufgeben nicht auf einem Band hinter dem Check-in-Schalter in den Katakomben verschwindet. Er wird irgendwann, von einem Mitarbeiter der Fluggesellschaft mit einem Papieranhänger mit Gummizug versehen, auf einen Trolley geladen und auf diesem erst einmal einige Meter vor dem Schalter stehen gelassen, während man selbst durch die Sicherheitskontrolle geht. Hoffentlich werden alle Gepäckstücke, die dort herumstehen, später an die richtige Stelle befördert. Es heißt nun, von Kyaw Abschied zu nehmen. Er war ein ausgezeichneter Begleiter in den letzten Tagen.

Nach einer entspannt verlaufenden Personenkontrolle erreiche ich die äußerst volle und chaotische Abflughalle mit den beiden Gates. Anzeigetafeln gibt es hier nicht. Die Flüge werden ausgerufen und das Personal läuft mit Schildern herum, auf denen jeweils der nächste Flug steht. Die Pausen zwischen den einzelnen Boardings dauern kaum fünf Minuten. Kurz nach 6:00 Uhr hält jemand an Gate 2 ein Schild mit der Aufschrift "Air Mandalay 6T401" hoch, mein Flug ist also an der Reihe. Nach kurzer Busfahrt gehe ich an Bord einer ATR 72. Es handelt sich um den klassischen Rundflug im Uhrzeigersinn Yangon-Nyaung U (bei Bagan)-Mandalay-Heho-Yangon. Es geht zu wie in einem Bus. Am Zielflughafen steigt man aus, alle anderen Passagiere bleiben einfach sitzen, warten auf die neuen Passagiere und den Weiterflug. Kleine farbige Aufkleber, die an unserer Kleidung angebracht werden, helfen der Crew bei der Orientierung. So kann sie jemanden, der falsch auszusteigen versucht, eventuell rechtzeitig aufhalten. Die gemütlich brummende, französisch-italienische Turbopropmaschine fliegt uns zunächst etwa eine Stunde lang nach Nyaung U. Dort steigen fast alle Passagiere aus, es rücken aber fast ebenso viele nach. Der Weiterflug nach Mandalay dauert nur etwas mehr als eine halbe Stunde.

Im Bus, der mich vom Flugzeug ins Terminalgebäude bringt, kann ich beim Ausladen des Gepäcks zusehen und erkenne dabei meinen Koffer. Am Band muss ich zwar sehr lange warten, kann dabei aber ganz entspannt sein. Als ich den Gepäckbereich verlasse, finde ich sehr schnell Ton, meine neue Reiseführerin. Nach der Begrüßung ruft sie den Fahrer an und wir begeben uns zum Auto. Ton erzählt mir, dass es, während ich im Flugzeug gesessen habe, bei Mandalay ein Erdbeben der Stärke 6,8 auf der Richter-Skala gegeben hätte. Im Auto sei es sehr stark zu spüren gewesen und bei Telefonaten mit Verwandten habe sie erfahren, dass viele Menschen vor Angst aus ihren Häusern gelaufen seien.

Nach diesen aufregenden Neuigkeiten fahren wir ein Stück auf dem neuen, vierspurigen Highway, der von Yangon über Naypyidaw nach Mandalay führt. Kurz vor der Stadt verlassen wir ihn jedoch, um nach Sagaing zu fahren. Wir überqueren dabei eine nagelneue Brücke über den Ayeyarwaddy-Fluß. Erste Station in Sagaing ist ein großes Nonnenkloster, in dem wir den Speisesaal besichtigen und ein wenig beim Kochen des Mittagessens zusehen dürfen. Anschließend statten wir den Tempelgebäuden in der Anlage einen kurzen Besuch ab. Nach einiger Zeit fahren wir weiter, durch immer engere Gassen, bis wir zu einem kleinen Tempel gelangen. Er selbst ist nicht besonders sehenswert, liegt aber so schön zentral, dass man von ihm aus einen faszinierenden Rundblick auf den spektakulären Sagaing Hill mit seinen Hunderten und Aberhunderten Klöstern und Tempeln sowie auf den Ayeyarwaddy River mit den großen Teakholzflößen und Frachtbooten hat.

Das Nonnenkloster Das Nonnenkloster
Das Nonnenkloster Das Nonnenkloster

Das Nonnenkloster.

Blick über den Sagaing Hill Blick über den Sagaing Hill
Blick über den Sagaing Hill Blick über den Sagaing Hill

Blick über den Sagaing Hill.

Unsere nächste Station ist die Hsinmyashin-Pagode, die Pagode der hundert Elefanten. Die Anlage ist nach den Statuen im Eingangsbereich benannt. Die Pagode wurde beim morgendlichen Erdbeben beschädigt. Die Zentralstupa hat Risse bekommen, auf der Plattform ringsum liegen Haufen herabgefallener Steinchen und in einem Raum eines Seitengebäudes werden gerade Quarzkristalle und Schmuckstücke aus Gold und Edelsteinen, die von der Pagodenspitze heruntergefallen sind, für die Restaurierung zusammengetragen.

Die Hsinmyashin-Pagode Die Hsinmyashin-Pagode Die Hsinmyashin-Pagode
Erdbebenschäden in der Hsinmyashin-Pagode Erdbebenschäden in der Hsinmyashin-Pagode Erdbebenschäden in der Hsinmyashin-Pagode

Die Hsinmyashin-Pagode. Unten: Erdbebenschäden.

Nach der Begutachtung der Erdbebenschäden fahren wir zur Kaunghmudaw-Pagode im ceylonesischen Stil, die wie eine Frauenbrust aussieht. Ich habe sie schon zweimal gesehen, da war sie allerdings schneeweiß. Inzwischen ist sie komplett vergoldet. Mit dieser Überraschung endet die Besichtigungstour in Sagaing und wir machen uns in Richtung Monywa auf. Die Fahrt ist interessant, denn Zentralmyanmar ist ganz anders als der üppig grüne Süden. Hier ist es trocken, wenn überhaupt, kann man nur einmal im Jahr Reis ernten, nicht dreimal wie im Süden. Reisfelder sind eine absolute Rarität, meist werden Hülsenfrüchte und anderes Gemüse angebaut. Die Gegend erinnert eher an die Ebene von Dekkan in Indien.

Etwa auf halbem Weg machen wir Mittagspause. Es gibt wieder Myanmar-Küche, ein Lamm-, ein Hühnchen-Sepyan, Auberginen, gelbe Erbsen, saure Bambussprossen, Chili, den obligatorischen Salat mit Fischpaste, eine säuerliche Suppe und Reis. Wir spielen allerdings wieder zwei kulinarische Ligen tiefer als gestern Abend. Dafür muss ich, inklusive einer Flasche Myanmar-Bier, nur 3500 Kyat bezahlen. Immerhin gesättigt setzen wir die Fahrt fort.

Die Kaunghmudaw-Pagode Personentransport mit Mönchen
Der stehende Buddha Ausblick auf die Landschaft

Oben links: Die Kaunghmudaw-Pagode ist inzwischen vergoldet. Oben rechts: Personentransport mit Mönchen. Unten links: Der stehende Buddha. Unten rechts: Ausblick auf die Landschaft.

Als wir uns Monywa nähern, besuchen wir zunächst einen modernen, 140 Meter hohen, stehenden Buddha. Im Inneren befindet sich ein Tempel und man kann auf eine Aussichtsplattform in Höhe der Füße steigen. Ein Aufzug, mit dem man ganz nach oben kommen soll, ist bereits in Bau, aber teilweise wieder eingestürzt. So wird es also nichts mit einem Rundblick aus 140 Metern Höhe. Andererseits bezweifle ich, ob ich angesichts des Ereignisses am Vormittag in dieser Höhe ein Nachbeben erleben möchte. Vor dem riesigen stehenden Buddha wurde ein liegender Buddha errichtet. In seinem Inneren befindet sich ebenfalls ein unspektakulärer Tempel, den wir kurz besichtigen. Damit haben wir hier alles gesehen und begeben uns mit dem Auto zu den Bodhi Tataung, den tausend Bodhibäumen. Unter jedem derselben befindet sich eine Buddhastatue. Anschließend geht es mit den großen Zahlen weiter, denn wir fahren zur Thanbodday-Paya. Es handelt sich dabei um einen großen Tempelkomplex, in dem sich deutlich über 500000 Buddhastatuen befinden sollen, die meisten aus Ton und nur wenige Zentimeter hoch. An einem Stand im Inneren des Tempels kann man weitere stiften. Ton kauft einige. Man fragt sich allerdings, wo im Tempel Platz für sie verbleibt. Neben den Myriaden von kleinen, gibt es selbstverständlich einige größere mit LED-Strahlenkränzen, also "Discoteca". Innerhalb des Geländes sticht weiterhin ein dunkelorangefarbenes Tempelgebäude ins Auge. Es wurde vom Besitzer der "Tiger Balm"-Fabrik in Singapur gestiftet.

Bodhi Tataung Bodhi Tataung Die Thanbodday-Paya
Die Thanbodday-Paya Die Thanbodday-Paya Die Thanbodday-Paya

Oben links und mitte: Die Bodhi Tataung. Andere Bilder: Die Thanbodday-Paya. Unten rechts: Hier werden neue Buddhastatuen verkauft.

Mit diesem Farbtupfer endet die heutige Besichtigungstour bei Monywa, und ich werde in mein Resort gefahren, einer äußerst weiträumigen Anlage aus vielen Bungalows ziemlich weit außerhalb der Stadt. Unmittelbar gegenüber des Eingangs soll sich jedoch das beste Restaurant am Platze befinden. Ich brauche nur etwa fünf Minuten bis dorthin. Es ist ein chinesisches Restaurant auf einer Insel in einem kleinen See. Ich esse dort gemischtes Gemüse mit Schweinefleisch und in Teig ausgebackenes Hühnchenfleisch ohne Knochen. Dazu gibt es Reis und ein Myanmar-Bier. Das Ganze kostet zwar 12500 Kyat, dafür sind die Portionen aber selbst mir zu groß. Mit einem kleinen Verdauungsspaziergang beschließe ich den Tag.