Monywa, 12.11.2012

Wie schon in den letzten Tagen, setzt der strahlende Sonnenschein einen angenehmen Kontrast zu Schwermut und Trübsal, die einen an einem Novembertag in Mitteleuropa überkommen könnten. Den ganzen Tag über ist kaum ein Wölkchen am Himmel zu sehen.

Ton und der Fahrer holen mich um 8:30 Uhr ab und wir fahren ein kurzes Stück in die Stadt, zu der Stelle, an der am Ufer des Chindwin-Flusses die Fährboote ablegen. Ton und ich besteigen ein solches und überqueren den großen Nebenfluss des Ayeyarwaddy. Am anderen Ufer mieten wir einen Jeep samt Fahrer, der uns auf einer ziemlich langen Rüttelfahrt über Stock und Stein zu den Po Win Daung-Höhlen bringt. Fast 500 kleine Höhlen wurden hier zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert in die Kalksteinfelsen geschlagen. Jede enthält Buddhafiguren, manche sitzend, manche liegend, in vielen kann man Wandgemälde bewundern. Der Höhlenkomplex ist äußerst sehenswert, nur eines stört ein wenig, wie leider so oft hierzulande: Während es eine grobe, unverzeihliche Respektlosigkeit darstellt, mit Schuhen eine Höhle zu betreten, macht es überhaupt nichts, wenn man dort einfach seinen Abfall hinterlässt. Und das tun die ach so respektvollen, barfüßigen Besucher mit wahrer Wonne. Nachdem wir etwa eine Stunde lang verschiedene Höhlen besichtigt haben, besteigen wir wieder den Jeep und lassen uns zu den Shwe Ba Taung weiterrütteln. An diesem Ort gibt es 46 Höhlen und einige Tempelgebäude zu sehen, die alle aus dem 19. und 20. Jahrhundert stammen. Hier kann man ausgiebig Trivialästhetik bewundern, große Elefantenskulpturen und eine Nachbildung des Goldenen Felsen bilden hierfür ein Beispiel.

Fähren am Chindwin-River Die Po Win Daung-Höhlen Die Po Win Daung-Höhlen
Die Po Win Daung-Höhlen Die Po Win Daung-Höhlen Die Po Win Daung-Höhlen

Links oben: Fähren am Chindwin-River. Andere Bilder: Die Po Win Daung-Höhlen

Bei den Shwe Ba Taung-Höhlen Bei den Shwe Ba Taung-Höhlen Bei den Shwe Ba Taung-Höhlen

Bei den Shwe Ba Taung-Höhlen. Mitte: Goldener Felsen für Arme.

Auf diese Besichtigung folgt eine lange Rüttelfahrt zurück zum Chindwin-Ufer, an dem wir wieder eine Fähre besteigen, die ihre besten Tage schon hinter sich hat. Der uralte Dieselmotor stottert ab und zu ein wenig und unter den morschen Bodenplanken schwappt das Wasser bedrohlich. Am Ufer in Monywa wartet schon unser Fahrer und bringt uns zu einem großen Tempel, der um eine Höhle herum gebaut sein soll, in der einst eine Menschenfresserin mit ihrer Familie gelebt hat. Die "rote Höhle" befindet sich über einer Nische mit einer Buddhastatue unter dem Dach eines der an eine Felswand gebauten Tempelgebäude. Wie beim Mahamuni-Buddha in Mandalay dürfen nur Männer die Statue mit Blattgold bekleben, die Frauen sitzen in einiger Entfernung davor und beten. Wem das Gedränge drinnen zu groß werden sollte, kann das Geschehen von außen über einen Flachbildfernseher verfolgen. In den Zugängen des Tempels gibt es, wie so oft vor buddhistischen Tempeln, viele Marktstände. Während es an diesen meist Räucherstäbchen, buddhistische Devotionalien und Souvenirs zu kaufen gibt, ist hier etwas anderes der Verkaufsschlager: Kleine Baumabschnitte, aus denen durch Verreiben mit Wasser Thanaka-Paste gewonnen wird, das beliebte Sonnenschutz- und Hautpflegemittel, das für Myanmar so typisch ist. Besonders Frauen und Kinder haben oft die goldfarbene Paste im Gesicht, manchmal als kreisrunde Flecken, manchmal auf den Wangen kunstvoll ausgeformt, zum Beispiel in Form eines Blattes. Ton begutachtet einige Baumstücke und riecht kritisch daran, kauft dann aber doch keines.

Im Mahamuni-Tempel Im Mahamuni-Tempel

Im Mahamuni-Tempel. Rechts: "mPraying"?

Nach dem Tempelbesuch machen wir eine Essenspause in einem Teashop, einer großen offenen Halle mit unzähligen Tischen und Stühlen. Hier gibt es Tee und Kaffee, kleine, meist chinesische Gerichte, Säfte, Eiscreme und andere Snacks. Teashops ziehen vor allem Schüler und Studenten, junge Paare und Geschäftsleute an. Jugendlich sind ebenfalls die Kellner, ausnahmslos Jungen von etwa zwölf bis vierzehn Jahren, alle mit den gleichen blauen Fußballtrikots bekleidet und geschäftig zwischen den vielen Tischen hin und her huschend. Ton und ich essen jeweils ein Bratreisgericht mit einer säuerlich-scharfen Suppe. Ton trinkt dazu Tee, ich nehme einen gezuckerten Zitronensaft und einen Kaffee. Mein Teil der Rechnung beläuft sich auf 2500 Kyat.

Markt in Monywa Markt in Monywa Markt in Monywa
Jahrmarkt anlässlich eines Tempelfestes Jahrmarkt anlässlich eines Tempelfestes Jahrmarkt anlässlich eines Tempelfestes

Oben: Markt in Monywa. Unten: Jahrmarkt anlässlich eines Tempelfestes.

Nach dem Essen fahren wir zu einem großen Markt, der teilweise unter freiem Himmel, teilweise in relativ dunklen Gebäuden stattfindet. Hier gibt es von Trockenfisch über Gemüse, Stoffe und Kleider, Kosmetika und Waschmittel bis hin zu billigem Schmuck und Quarzuhren alles, was man offenbar im Alltag so braucht. Das geschäftige Treiben hier ist, wie immer, sehr sehenswert. Nach dem Marktbesuch kommen wir an einer Prozession für ein Tempelfest vorbei. Dieses ist der Anlass für den Jahrmarkt, den wir abschließend besuchen. Zwischen Karussellen werden vor allem Süßigkeiten und Spielzeug verkauft. Bei letzterem herrscht weitaus weniger Zimperlichkeit als bei uns. Die größten Verkaufsschlager für Jungen sind, wie ich deutlich feststellen kann, Spielzeuggewehre und -handgranaten. Als wir den Jahrmarkt passiert haben, werde ich zurück ins Resort gefahren, um morgen früh zur Weiterreise abgeholt zu werden.

Am Abend gehe ich in dasselbe Restaurant, in dem ich schon gestern Abend war. In Anbetracht der Portionsgrößen esse ich heute nur ein Gericht, scharfes Schweinefleisch in Sojasauce mit Reis. Zusammen mit zwei Myanmar-Bier zahle ich dafür 11000 Kyat. Ab morgen kann ich die kulinarische Szene von Bagan testen.