Yangon, 4.11.2012

Nach neun Jahren breche ich wieder einmal in das goldene Land Myanmar auf. In den vergangenen Monaten war das Land häufig in den Schlagzeilen, zuerst wegen der Wahlen und des Versprechens der Machthaber, das Land zu demokratisieren, in den letzten Wochen wegen der Unruhen im nördlichen Rakhine-Staat. Die schweren Konflikte zwischen den muslimischen Rohingya und der buddhistischen Mehrheit haben dazu geführt, dass Teile des Staates nach Jahren der Öffnung wieder für den Tourismus gesperrt sind, wodurch meine Reisepläne stark in Mitleidenschaft gezogen wurden. Aber das ist allemal besser, als zwischen die Fronten eines für mich kaum durchschaubaren ethnischen Konfliktes zu geraten.

Meine Reise startet im verregneten Köln und setzt sich, nach einer knappen Stunde im ICE, am verregneten Frankfurter Flughafen fort. Ich wage es kaum zu schreiben, aber so langsam scheint mein Fluch bezüglich der Sicherheitskontrollen gebannt zu sein. Ich komme am Terminal 2 ohne jegliche Schikane durch!

Ich fliege zunächst mit einer Boeing 777-200 der Vietnam Airlines in knapp elf Stunden nach Ho Chi Minh City (32 Grad, Sonne, hohe Luftfeuchtigkeit, das Haar sitzt perfekt). Dort habe ich über vier Stunden Aufenthalt und bekomme einen Essensgutschein, den ich in einem Flughafenrestaurant einlösen kann. Ich esse ein Schweinefleischgericht mit verschiedenem Gemüse und Reis. Am frühen Nachmittag geht die Reise mit einer Fokker 70 der Vietnam Airlines weiter. Nach knapp zwei Stunden auf einer Route, die fast exakt mit den letzten zwei Stunden des ersten Fluges identisch ist, nur eben in umgekehrter Richtung, lande ich in Yangon.

Im Gegensatz zu meinen beiden bisherigen Myanmar-Reisen geht es an den Einreiseschaltern sehr schnell und unkompliziert voran. Den Führer mit meinem Namensschild sehe ich schon unmittelbar nach der Passkontrolle durch eine Glasscheibe. Dafür geschieht das gleiche Missgeschick wie bei meiner letzten Ankunft in Yangon: Mein Koffer ist nicht mitgereist. Ich gehe erst einmal frustriert nach draußen, um meinen Begleiter Kyaw (etwa wie "Joe" ausgesprochen) zu begrüßen. Er verspricht, sich um die Angelegenheit zu kümmern, und hilft mir darüber hinaus, einen Bankschalter zu finden. Inzwischen gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen dem offiziellen und dem Schwarzmarktkurs, die früher etwa um den Faktor 130 differierten. Ich bekomme selbst bei einer normalen Bank den hohen Kurs angeboten. Nur die Stückelung der Dollarnoten hat nach wie vor einen gewissen Einfluss: Für 100-Dollarnoten bekommt man 843 Kyat, ich habe nur 50er (für diese lautet der Kurs 1:833) und tausche sechs derselben gegen 249900 Einheiten der lokalen Währung.

Blick aus den Hotelfenster Blick aus den Hotelfenster
Shwedagon-Pagode bei Tag Shwedagon-Pagode bei Nacht

Blick aus dem Hotelfenster. Unten: Die Shwedagon-Pagode bei Tag und Nacht.

Während dieses Tauschs führt Kyaw komplizierte Verhandlungen mit mehreren, jeweils nicht zuständigen und nicht verantwortlichen Vertretern verschiedener Hierarchiestufen der Vietnam Airlines. Zur gleichen Zeit holt unser inzwischen ebenfalls anwesender Fahrer das Auto und wir fahren etwa drei Kilometer weit zu meinem Hotel. Kyaw hilft mir beim Einchecken und ist sehr zuversichtlich, dass er mir am Abend meinen Koffer vorbeibringen kann. Ich hoffe, dass er Recht behält. Die morgige Tour soll um 8:00 Uhr beginnen.

Mein Zimmer liegt im elften Stock und bietet einen Blick auf die einige Kilometer entfernt gelegene, vergoldete Shwedagon-Pagode, die von der Nachmittagssonne angestrahlt wird. Wären das Kofferdilemma und meine Übermüdung nicht, würde ich mich wohl fühlen.

Am Nachmittag ruft Kyaw an. Die Fluggesellschaft habe ihn kontaktiert und mitgeteilt, dass der Koffer am nächsten Morgen um 8:45 Uhr eintreffen werde. Unser morgiges Treffen verschiebt sich somit um eine halbe Stunde. Ich kann nur hoffen, dass ich mein vollständiges Gepäck bekomme. Andernfalls hätte ich wahrhaftig ein großes Problem!

Ab 18:00 Uhr erkunde ich die Gegend um das Hotel. Etwa 300 Meter davon entfernt finde ich das YKKO, ein modern eingerichtetes Restaurant, das myanmarische, chinesische und westliche Küche anbietet. Ich bestelle ein Gericht, das Kyay-Oh heißt, und erhalte eine Schüssel Suppe mit breiten Reisnudeln, Gemüse, Riesengarnelen, Tofu und gekochten Eiern, die nur etwa ein Drittel der Größe normaler Hühnereier haben. Dazu bekomme ich eine pikante Tamarindensauce zum Dippen. Die Suppe ist sehr lecker und die Menge ist für den nicht ganz so großen Hunger nach all der Verpflegung auf der Reise genau richtig. Zusammen mit einer Flasche Myanmar-Bier zahle ich knapp 5300 Kyat, also etwas mehr als fünf Euro. So enden zwei anstrengende, durch keine Schlafpause unterbrochene Tage.